Die Werkwelt des multimedialen Künstlers Martin Gut wird von Jahr zu Jahr komplexer, und mit jeder Verlautbarung aus seiner Werkstatt denkt sich der Empfänger: „Was stellt er nun schon wieder an?“, denn meistens war mit dem Wesen und Gedankensprung dieses neuen Objekts oder der geschaffenen Situation nicht zu rechnen. Und doch lässt sich im linearen Betrachten seines mehr als 20-jährigen Schaffens eine stringente persönliche Konsequenz herauslesen, die sich nur selten auf inhaltliche oder technische Um- und Abwege verirrt. Und auch wenn viele Werke ihr Ziel durch eine unmittelbare Wirkung auf kurzen Wegen erreichen, scheint Martin Gut gegen das singuläre Kunstsein seiner Werke resistent zu sein; was da wirkt, ist ein grösseres Ganzes, ein gesamtkünstlerisches Arbeiten auf zwangsläufig unklare, aber intuitiv deutlich spürbare Lebensergebnisse hin.
Da sind die Skulpturen, Objektcollagen und Erfindungen, die sich zahlreicher Versatzstücke und bestehender Formen und Produkte unserer technischen und geistigen Moderne bedienen, um uns durch unerwartete zugespitzte Aussagen abseits der ästhetischen Gefälligkeit ans Nachdenken zu bringen. Ergänzend dazu die Maschinen, die durch ihr Nicht- oder Andersfunktionieren unseren mal unterhaltenen und mal erschrockenen Blick auf all das verändern, was Maschinen in unserem Leben zu gestalten oder zu zerstören vermögen. Daneben gibt es die oftmals ohne tatsächliche Kunstwerke funktionierenden Installationen, Raum- und Erlebnissituationen, die unvermutet dichte diskursive Begegnungen und Prozesse ermöglichen, für die man sich kaum freiwillig aus den eigenen Wänden herausbegeben hätte. Und, hier absichtlich zuletzt genannt, die Malereien, die meist eine Vielzahl von Schichten, Weltfragmenten und Bildsplittern kalkuliert und vielsagend auf den begrenzten Raum der Leinwand bannen und deren Sprache fern eines sich selbst verwirklichenden Gestus weit über das Werk hinaus klingt und unseren von Zufällen wie von zahllosen Absichten beeinflussten Blick auf die Umwelt erweitert.
All diese werkgewordenen Gedanken, Lebenseinstellungen und Mitteilungen unter einen Hut zu bringen ist für den Verfolger von Martin Guts Schaffen eine fast sinnlose Aufgabe, denn der eigentliche Sinn in seinem vielschichtigen Arbeiten liesse sich als Aufforderung formulieren, dem unerträglich Absurden und Überwältigenden unserer nahezu hoffnungslos gewordenen Gegenwart standzuhalten und jedes Phänomen, das uns tagtäglich den Raum zum Durchatmen nimmt, einzeln zu betrachten und zu bewerten. Und ihm eine Poesie zu entlocken, die unserem Reflektieren über das Menschsein hilfreich ist.
An den Bruchstellen, an denen die surrealistische Revolution in den 1930er-Jahren, am Ende der klassischen Modernen, oftmals in artifizielle Gefälligkeiten und kunsthistorisch fixierte und durchanalysierte Künstlerschicksale zerfiel, beginnt der entschiedene Realist Martin Gut von Neuem, indem er ohne Geniestatus hinter die Spiegel unseres Daseins schaut und so langsam wie sorgfältig – mit überraschenden technischen Fähigkeiten, die als Voraussetzung stets im Hintergrund bleiben – am schnellen Kunstmarkt vorbeiarbeitet.
Diesen kennt er natürlich zur Genüge, denn zu seinem Schaffen zählt als eigene Sparte auch die Vermittlung, das Erfinden von Veranstaltungen, das Zusammenbringen vieler Künstlerkollegen sowie das Kuratieren von Ausstellungen an ungewohnten Orten. In dieser Tätigkeit stellt er sich persönlich nie nach vorne, sondern nutzt das erfahrene und ausgebaute Handwerk des Publizierens, ohne in der Zirkusmanege den lauten Direktor zu geben. Dennoch ist in diesen Ereignissen seine Handschrift, seine Auffassung vom gegenwärtig gültigen künstlerischen Schaffen klar aufzuspüren. Sie unterschreibt stets die seiner Persönlichkeit und seinem Schaffen innewohnende kräftige, intuitive Aufforderung, der Ermüdung und Verzweiflung an den Verhältnissen entgegenzutreten.
Text: Max Christian Graeff
Martin Gut
geboren 1976 in Luzern, Mitglied Visarte bvk Schweiz
Kunstschaffend, Autodidakt und Kulturmanager.mas
eine Auswahl der Einzel- und Doppelausstellungen
2023
"home_animalis" Kunstraum Hochdorf mit Nina Staehli
Naturfreundehaus Brünig
Galerie Kriens mit Gabi Kopp, Kaminraum
2020
"Origin", Galerie Vitrine, Luzern mit Romuald Etter
"Mensch / Maschine", Roxy Kulturzentrum, Ulm GER mit Mark Klawikowski
2009
"Existenzgewirr" Alois Grüter & Martin Gut, SPZ Nottwil
2008
"Ein Chaos-Kabinett der Kreativität" - die Art@Work 003 , Martin Gut integriert Kunst als Inspirationsquelle in den Arbeitsraum der Technology Innovation AG, Zürich
"Doppelte Buchhaltung", Kunstaktion vor dem KKL Luzern zur Eröffnung der Neuen Kunsthalle im Rahmen von SIX ACTIONS FOR LUZERN. Die sind doch auch gut und schön, die Fragen - hoffentlich. Kuratiert von Lillian Fellmann, Luzern
2007
"Das Schmetterlingsfeld", ein Kunstprojekt in zwei Akten; Goldstaub und eine Installation mit tausend Töpfen, Wauwiler Moostag