Batman, der Dunkle Ritter von Gotham City, ist der Ausgangspunkt der Skulptur Stillman: Martin Gut arbeitete eine stehende Batman-Fanfigur mit grossem handwerklichem Geschick zu einem fürsorglichen Vater um, der am Rand des Sockels sitzt und sein Baby stillt.
Dabei ist er – wie der doppeldeutige Titel suggeriert – still a man. Von stillenden Müttern wimmelt es in der Kunstgeschichte, man denke nur an die unzähligen Bilder der stillenden Maria (maria lactans), die in der christlichen Ikonografie verherrlicht wird. Einen stillenden Mann sucht man dagegen vergeblich, weil er unserem binären Geschlechterverständnis vollkommen widerspricht.
Dabei besitzt die männliche Brust physiologisch alle Voraussetzungen zum Stillen: Der Naturforscher Alexander von Humboldt berichtet von einem Bauern in einem Dorf in Venezuela, der seinen Sohn mit der eigenen Milch gestillt habe:
Als die Mutter krank wurde, nahm der Vater das Kind, um es zu beruhigen, in sein Bett und drückte es an seine Brust. Lozano war 32 Jahre alt und hatte bis dahin keine Milch in der Brust verspürt; aber die Reizung der Warze, an der das Kind sog, bewirkte eine Ansammlung dieser Flüssigkeit. Die Milch war fett und sehr süss. Der Vater, über das Anschwellen seiner Brust erstaunt, reichte sie dem Kind und stillte es fünf Monate zwei- bis dreimal täglich.
Und Humboldt merkt an, dass Lozanos Milchbildung keinerlei Auswirkung auf andere physiologische Eigenschaften auf ihn als Mann gehabt habe – he’s still a man.
– Im populärkulturellen Kosmos der Super- und Actionhelden ist es Mode geworden, die ausgedienten männlichen Exemplare durch weibliche Kämpferinnen wie Wonder Woman oder Lara Croft zu ersetzen.
Martin Gut übernimmt die feministische Botschaft Wir können das auch, kehrt sie sie jedoch unerwartet auf den Kopf und hinterfragt so hintersinnig traditionelle männliche Rollenbilder – so macht Gendern Spass!
Text: Guy Markowitsch, anlässlich der Vernissage in der Galerie Vitrine, 2020